Ventana nº 22
|
Merle - Sweetvalentines Midnight blue und Amy- Sweetvalentines with Amy in love
Kapitel 22
Aber wenn er mich nicht näher an sich heran lässt, werde ich das wohl kaum genauer feststellen können. „Lea spürte, wie eine bleierne Müdigkeit über sie hereinbrach. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. In ihrem Kopf fing es wieder an, entsetzlich zu pochen, und vor ihren Augen bewegten sich in regelmäßigen Abständen weiße und schwarze Schatten hin und her. Yukon stand neben ihr und leckte ihre Hand, beinahe so, als hätte er gespürt, dass sie am Ende ihrer Kraft war. Sie sah zu ihm herunter und lächelte. „Darf ich mir deine Wunde denn mal ansehen?“, fragte sie und hockte sich zu ihm. Langsam strich sich mit ihrer Hand über seine Hüfte bis hinunter zum Lauf und hob das buschige, dichte Fell über der Wunde vorsichtig an, so dass die gesamte Wundfläche sichtbar war. „Die Wunde sieht eigentlich ziemlich sauber aus!“, sagte Lea. „Die Haare sind zwar rund herum blutverklebt, aber Schmutz ist kaum zu sehen.“ „Wie groß ist die Wundfläche insgesamt?“, fragte Hannes. Und Lea schätzte sie auf ca. 3 Quadratzentimeter. Hannes nickte, während er mit verschränkten Armen noch immer nachdenklich auf der Schreibtischkante saß. „Der Schnee hat die Wunde wahrscheinlich sauber gehalten. Aber die blutverklebten Haare sind auch ein ziemlich guter Nährboden für Bakterien. Gereinigt werden sollte sie auf jeden Fall. Mehr kann man ohnehin nichtmehr machen. Die Wunde ist zu alt. Sie muss von allein heilen. Außerdem sehe ich da auch keine Hautfetzen mehr, die ich noch zusammennähen könnte, oder?“ Lea schüttelte den Kopf. „Nein, die Wundränder sind rund herum glatt, fast wie abgeschnitten!“ Hannes nickte. „Lea, sieh mal, ob er sich von dir die hintere Pfote anheben lässt. Mich würde interessieren, ob er an den Zehen noch eine Verletzung hat.“
Yukon sah Lea vertrauensvoll an und ließ es geschehen. Sie entdeckte tatsächlich eine tiefe Schnittwunde, die sich durch den Ballen der rechten Pfote zog und zwei der Zehen durchschnitt. „ Es sieht sogar so aus, als hätte er sich die Spitzen von den beiden Zehenballen abgeschnitten.“ Jochen zog die Stirn in Falten und sah Hannes fragend an. „ Das Blut!“, erklärte Hannes seine Vorahnung. „ Da war zu viel Blut im Schnee. Es konnte nicht allein von der Verletzung am Bein sein. Die sit zu alt, als dass sie gestern noch so stark hätte bluten können.“ Jochen zog die Augenbrauen hoch und seufzte. „ Prima, dann haben wir jetzt wenigstens eine >Fast-Diagnose<. Ich frage mich nur, wie er sich das alles zugezogen hat. Und vor allem, wer es jetzt behandeln soll?“ Hannes zog eine Schublade auf und nahm einen schwarzen Nylonmaulkorb heraus. „ Lea, ich befürchte, du wirst die Wundreinigung und den Pfotenverband machen müssen“, sagte er.Lea nickte und streichelte Yukon liebevoll über den Kopf. „ Den Maulkorb brauchen wir nicht. Er wird mir nichts tun, da bin ich sicher.“ Hannes schüttelte entschieden den Kopf und wollte gerade vehement Einspruch erheben, als sich die Eingangstür einen Spalt breit leise öffnete. „ Ich muss ihn mir einfach ansehen“, sagte Rosalie und steckte ihren Kopf in das Behandlungszimmer. „ Schließlich gibt es seit Zwei Wochen auf dem Rosenhof kein anderes Thema mehr. „ Sie schob die Tür auf und betrat den Raum. Yukon stand angespannt da und starrte sie an. Und Rosalie freute sich, ihn endlich kennen zu lernen. Sie bewunderte sein Aussehen und war fasziniert von seiner imposanten Erscheinung. Dass er ihretwegen nervös und unruhig geworden war, spürte sie in aller Begeisterung nicht. „ Rosalie!“,sagte Hannes. „ Würdest du bitte mal ganz vorsichtig versuchen, dich Yukon zu nähern?“ Rosalie sah Hannes fragend an. „ Ja, gern, wenn es möglich ist“, sagte sie überrascht. Sie hockte sich hin und bewegte sich dem Hund langsam und freundlich entgegen. Yukon sprang drohend zurück. Er drängte sich in die hinterste Ecke des Behandlungszimmers und zog seine Nase in tiefe Falten. Das Fangtau hatte er Lea mit einem Ruck aus der Hand gerissen. Rosalie wich erschrocken zurück. Und Hannes sah Lea nachdrücklich an und nickte ihr wortlos zu. Yukon schien offensichtlich nicht nur ein Problem mit Männern zu haben. Das hatte er ihr soeben anschaulich bewiesen. Lea drehte sich um und versuchte Yukon zu beruhigen. Wieso nur verhielt er sich ihr gegenüber nicht genauso abweisend? Warum vertraute er gerade ihr?
Sie dachte an ihre Mutter.“ Glaubst du wirklich, so ein verwilderter Hund kommt auf dich zugelaufen, als hätte er ausgerechnet auf dich gewartet?“, hatte sie noch am Morgen gefragt. Lea nickte für sich und nahm sich fest vor, ihr diese Frage in den nächsten Tagen mit einem eindeutigen >Ja< zu beantworten.
******
Fortsetzung folgt! |
|