Casella 21
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Timmy- Sweetvalentines black baron
Kapitel 21
Yukons Rute klopfte zaghaft auf die Ladefläche, als Lea die Heckklappe öffnete. Seine Ohre waren wieder leicht zurückgelegt, und er signalisierte ihr nichts als Freundlichkeit. „Na, mein Freund, kommst du mit hinein?“, fragte Lea und hielt ihm ihre Hand entgegen. Er leckte schüchtern ihre Finger. „Was bist denn du für ein zärtlicher Riese?“, sagte sie und streichelte ihm liebevoll über den Kopf. Er genoss die Streicheleinheit sichtlich und drückte sich sanft in Leas Hand. „Du bist mir wirklich ein Rätsel!“, meinte sie und klopft sich auffordernd ans Bein. „Komm, ich helfe dir. Springen wirst du wohl mit dem Bein nicht so gut können.“ Sie hatte es noch nicht ausgesprochen, da stand Yukon schon neben dem Wagen. „Du kannst es also doch!“, sagte sie betont. „Na, dann kann die Verletzung auch nicht ganz so schlimm sein. „Sie lächelte und klopfte ihm zärtlich die Schulter. Dann nahm sie das herunterhängende Ende des Fangtaus und führte ihn hinüber zur Praxis. Yukon lief neben Lea her, als wären sie schon vom ersten Tag seines Lebens an ein eingespieltes Team. Er sah zu ihr hoch, orientierte sich an ihr und an ihrem Tempo und machte genau das, was Lea von ihm erwartete. Es war, als würde er ihre Gedanken lesen können. Lea durchzog ein merkwürdiges Gefühl. Sie hätte es niemanden erklären könne. Nicht einmal sich selbst. Aber dieser Hund war wirklich anders. Auch seine Augen hatten eine andere, eine besondere Ausstrahlung, so intensiv, so durchdringend und leuchtend. Und sein silbergraues Fell fühlte sich auffallend dicht und weich an, und obwohl es doch von niemandem gepflegt worden war, war es sauber und glänzend. Lea öffnete die Eingangstür zur Praxis. „Darf ich vorstellen? Yukon – Wolf vom Eppesberg.“ Hannes stand da wie festgewachsen. „ Er ist es wirklich!“, sagte er und starrte Lea fassungslos an. Jochen verhielt sich ganz still und beobachtete eine Situation, von der er nicht glauben konnte, dass sie sich wirklich ereignete. Seit über zwei Wochen waren sie nun tagein, tagaus auf den Eppesberg gefahren, um genau diesen Hund einzufangen. Und was immer sie auch versucht hatten, er hatte sich nicht darauf eingelassen. Er hatte sie noch nicht einmal in seine unmittelbare Nähe gelassen. Und jetzt stand er seelenruhig neben Lea und schau vertrauensvoll zu ihr auf. Hannes atmete tief durch und konzentrierte seinen Blick auf den Hinterlauf des Hundes. „Denkst du, er wird mich da ran lassen?“, fragte er Lea unsicher. „Warum denn nicht?“, antwortete sie und klopfte Yukon liebevoll die Schulter. „Er ist doch ein ganz lieber Kerl!“ Hannes nickte skeptisch und ging langsam um den Tisch herum. „Gut, dann werde ich es versuchen,“ sagte er und bat Lea das Fangtau sicherheitshalber fest in der Hand zu behalten. Aber noch ehe er den ersten Blick auf die Wunde werfen konnte, zog Yukon bereits die Nase in Falten und drohte ihm unmissverständlich, nicht einen Schritt näher zu kommen. Hannes blieb sofort stehen. „Soll das heißen, die Geschichte geht weiter?“, seufzte er. Lea sah Yukon für einen Augenblick erschrocken an. Aber sie verteidigte sein Verhalten umgehend mit einer plausiblen Erklärung. „Das gibt es doch oft!“, sagte sie. „Das ist überhaupt nichts Außergewöhnliches! Er hat wahrscheinlich mit Männern schlechte Erfahrungen gemacht, so dass er mit ihnen einfach nichts mehr zu tun haben möchte. Ihr hättet vielleicht Rosalie mal mit auf den Eppesberg nehmen sollen. Sein Verhältnis zu Frauen scheint ja offensichtlich besser zu sein.“ Hannes sah sie schweigend an. Er hatte Yukon auf dem Eppesberg erlebt. Er war sich 100% sicher, dass dieser Hund bisher kein gewöhnliches Verhalten gezeigt hatte. Er war kein ängstlicher Hund. Und er war auch kein ängstlich-aggressiver Hund. Viel zu Stolz und erhaben hatte er in der ersten Nacht neben dem Stamm der alten Eiche gesessen. Hoch erhobenen Kopfes hatte er darauf gewartet, dass er sich ihm näherte. Nicht ein einziges Mal hatte er in dieser Nacht seinen Blick abgewendet. Hannes beobachtete Yukon, wie der seinen Kopf an Leas Bein drückte. Und er erinnerte sich an das zweite Zusammentreffen auf dem Eppesberg. An diesem Tag hatte Yukon ein Angstverhalten wie aus dem Lehrbuch gezeigt. Geduckte Haltung, die Ohren angelegt, den Schwanz bis tief unter den Rücken gezogen. „Und gestern?“, dachte er für sich und sah ihn aus schmalen Augen an, „Gestern hast du mich dann wieder stolz und erhobenen Hauptes empfangen.“ In seinem Kopf reihten sich viele verschiedene unerklärliche Gedankengänge aneinander. Es kam ihm plötzlich vor, als hätte dieser Hund ihn die ganze Zeit über zu einem Spiel herausgefordert. Und er hatte sich auf dieses Spiel eingelassen. Gegen jede Vernunft hatte er sich auf Yukons Spielregeln eingelassen. Hannes warf noch einmal einen Blick auf seine Verletzung. Im Schnee war ein großer tiefroter Blutfleck zu sehen gewesen, und Yukon hatte eine Blutspur bis zum Dickicht des Waldes hinterlassen. Die Wunde an seinem Bein konnte nicht so stark geblutet haben. „Hannes!“, riss Jochen ihn aus seinen Gedanken. „Was machen wir denn jetzt? Du musst ihn doch behandeln. Wir wissen ja nicht einmal, was er für eine Verletzung hat.“ Hannes setzte sich grübelnd auf die Schreibtischkante. „Eine Schussverletzung ist es definitiv nicht. Das kann ich auch von hier sicher ausschließen. Es sieht eher nach einem massiven Abriss der Haut aus. Vielleicht war er in eine Falle geraten.
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Fortsetzung folgt!
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